Kaste

Kaste

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Kạs|te 〈f. 19von anderen Ständen abgeschlossener gesellschaftl. Stand mit strengen gesellschaftl., relig. u. wirtschaftl. Normen, bes. im Hinduismus (Krieger\Kaste, Priester\Kaste) [<frz. caste, port. caste; zu span., port. casto „rein“ <lat. castus „rein, keusch“]

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Kạs|te, die; -, -n [frz. caste < port. casta = Bez. für die abgeschlossenen Stände Indiens, zu: casto < lat. castus = keusch, rein]:
1. (bes. innerhalb der hinduistischen Gesellschaftsordnung) sich streng abschließende Schicht mit besonderen Sitten u. Heiratsverbot außerhalb ihrer selbst.
2. sich streng absondernde Gruppe, Gesellschaftsschicht [deren Angehörige ein übertriebenes Standesbewusstsein pflegen].

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Kaste
 
[französisch, von portugiesisch casta (Bezeichnung für die abgeschlossenen Stände in Indien), zu lateinisch castus »keusch«, »rein«] die, -/-n,  
 1) allgemein: sich streng absondernde Gruppe oder Gesellschaftsschicht (mit übertriebenem Standesbewusstsein).
 
 2) Ethnosoziologie: Im »Kastengürtel« (W. E. Mühlmann), der sich von Indien über Iran und den Nahen Osten bis ins nördliche Schwarzafrika erstreckt, gibt es endogame Berufsgruppen, die teils geachtet, teils wegen ihrer Zauberkraft gefürchtet sind: Wanderhandwerker, Schmiede, Musikanten, Gaukler, Griot. Eine verwandte Erscheinung waren die »unehrlichen Berufe« (Henker, Abdecker, Lederarbeiter, Straßenkehrer, Gaukler) in Europa, Japan, Polynesien und in vorkolumbischen Kulturen Amerikas.
 
 3) Religionswissenschaft: soziale Kategorie der Hindugesellschaft. Im Hinduismus versteht man unter Kaste eine Gruppe, die sich nach außen durch Endogamie und Kommensalität (das Gebot, nur mit Mitgliedern der eigenen Kaste zusammen zu essen) abgrenzt. Die Zugehörigkeit zu einer Kaste wird durch die Geburt bestimmt. Traditionell sind den Kasten bestimmte berufliche Tätigkeiten zugeordnet. Ferner wird eine Kaste durch gemeinsame Sitten und Gebräuche zusammengehalten sowie durch kastenspezifische Verpflichtungen, die jeder Einzelne zu erfüllen hat (Dharma). - Der Ursprung des Kastensystems liegt im Dunkeln. Nicht unwesentlich bei seiner Entwicklung scheint das Bestreben der nach Indien einwandernden Arier gewesen zu sein, gegenüber der unterworfenen Urbevölkerung ihre Reinheit zu bewahren. Dafür spricht die Einteilung in vier »varna« (indischer Ausdruck für Kaste, der »Farbe« bedeutet): Brahmanen (Priester), Kshatriyas (Krieger), Vaishyas (Bauern und Handwerker) und Shudras (Knechte). Diese Gliederung erscheint zum ersten Mal in einem späten Hymnus des Rigveda. Die Angehörigen der drei oberen »varna« stehen als »zweimal Geborene«, d. h. als diejenigen, die durch eine religiöse Zeremonie in das Studium des Veda eingeführt sind, den Knechten gegenüber, denen die Kenntnis des Veda verschlossen bleibt. Im Laufe der Zeit bildeten sich z. B. durch Mischehen von Angehörigen verschiedener »varna« und durch Aufnahme fremder Gruppen immer neue Kasten heraus, sodass die Vierereinteilung mehr und mehr aufgegeben wurde. Die Zahl der Kasten in Indien wird heute auf etwa 3 000 geschätzt. Außerhalb des Kastensystems stehen die Kastenlosen oder Parias. - Die Verfassung Indiens hat kastenbedingte Vorrechte und Benachteiligungen beseitigt, das Kastensystem ist jedoch nach wie vor in ländlichen Gebieten einflussreich. Seit den 1990er-Jahren ist aber ein wachsendes politisches Selbstbewusstsein unter den Angehörigen niederer Kasten beziehungsweise den Kastenlosen festzustellen. Besonders die Dalits, die niederen Kasten entstammenden beziehungsweise kastenlosen Mitgliedern der christlichen Kirchen Indiens (rd. drei Viertel der indischen Christen), treten öffentlich für eine wirkliche gesellschaftliche Gleichachtung und -behandlung der Kastenlosen und aller Mitglieder des Kastensystems ein, das als die geschichtliche Sozialordnung Indiens bis heute auch innerhalb der Kirchen weithin anerkannt ist. Vertreter des Hindu-Fundamentalismus fordern dagegen ein gesetzliches Verbot des Übertrittes von Kastenangehörigen (v. a. der niederen Kasten) und Kastenlosen zum Christentum oder zum Islam.
 
 
J. H. Hutton: Caste in India (Bombay 41963, Nachdr. 1977);
 L. Dumont: Gesellschaft in Indien. Die Soziologie des Kastenwesens (a. d. Frz., Wien 1976).
 
 4) Zoologie: in Körperbau (z. B. große Beißmandibeln, Giftdrüsen) und Verhalten an jeweils besondere Aufgaben im Tierstaat angepasste Gruppe von Individuen (Morphen) einer Tierart, besonders bei Termiten, Ameisen, Bienen: z. B. Geschlechtstiere (Königin, Drohnen), Arbeiter/Arbeiterinnen, Soldaten. (Arbeitsteilung)
 

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Kạs|te, die; -, -n [frz. caste < port. casta = Bez. für die abgeschlossenen Stände Indiens, zu: casto < lat. castus = keusch, rein]: 1. (bes. innerhalb der hinduistischen Gesellschaftsordnung) sich streng abschließende Schicht mit besonderen Sitten u. Heiratsverbot außerhalb ihrer selbst. 2. sich streng absondernde Gruppe, Gesellschaftsschicht [deren Angehörige ein übertriebenes Standesbewusstsein pflegen]: Wies die Vorgesetztenschaft auch vielerlei Abstufungen auf, so schied sich doch das ganze Volk deutlich in zwei -n: in Mannschaften und in Offiziere (Tucholsky, Werke II, 359).

Universal-Lexikon. 2012.

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